Bandscheibenvorfall an der Halswirbelsäule (Diskushernie, Diskusprolaps)

Allgemeines

Bereits nach Wachstumsabschluss treten Alterungserscheinungen (Arthrose, Osteochondrosen) an der Halswirbelsäule auf. Durch Überbelastung der Bandscheibe treten im umschliessenden Knorpelfaserring (Anulus fibrosus) Risse auf, wodurch die gelförmige innere Bandscheibenmasse (Nucleus pulposus) austreten kann und auf die in der Nähe liegenden Nervenwurzeln drückt. Charakteristisch für den Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule ist der plötzlich auftretende, einseitige Arm- und Nackenschmerz mit Gefühlsstörungen im Arm oder Hand. Nicht selten sind diese Schmerzen mit neurologischen Ausfallserscheinungen wie Ameisenlaufen, Gefühlsstörungen und motorischer Schwäche im Arm und in der Hand verbunden. Ein seltener, großer Bandscheibenvorfall mit Druck auf das eigentliche Rückenmark kann auch Gangstörungen, Störungen beim Wasserlösen und beim Stuhlgang  auslösen. Letzteres sind sehr ernste und auch gefährliche Symptome, bei welchen Sie dringend einen Arzt aufsuchen müssen.

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Röhrenuntersuchung (MRI) der Halswirbelsäule, Beispiel eines Bandscheibenvorfalles des Segmentes C5/C6 

Operationsindikation

Nicht jeder Bandscheibenvorfall muss operiert werden! Bei fehlender Lähmung sollte zunächst die konservative Therapie begonnen werden. Durch die Behandlung mit schmerz- und entzündungshemmenden Mitteln und gleichzeitiger Vermeidung von schwerer körperlicher Arbeit kann oftmals eine deutliche Schmerzreduktion erzielt werden.

Eine sogenannte Infiltrationsbehandlung kann bei starken Schmerzen den Krankheitsverlauf erheblich verkürzen. Dabei wird eine feine Nadel unter Röntgenkontrolle eingebracht und präzise in die Nähe des zu behandelnden Nervs platziert und ein kristallines Kortison direkt an den Krankheitsort gespritzt. Durch die hohe örtliche Konzentration des sehr stark entzündungshemmenden Kortisons kommt es zur Abschwellung der eingeengten Umgebung und des Nervs selbst. Dies wiederum kann den Heilungsverlauf beschleunigen und rasch zur Schmerzminderung beitragen.

Sollte man damit die Schmerzen nicht in den Griff bekommen oder besteht eine motorische Schwäche im Arm, sollte eine Operation mit Befreiung des Nervs in Betracht gezogen werden. Bei Gangunsicherheit oder Problemen beim Wasserlösen und beim Stuhlgang muss die Operation dringlich durchgeführt werden.

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Operationstechnik

In aller Regel wird die Operation von vorne durchgeführt mit einem kleinen queren Hautschnitt am Hals von 4-5 cm. Die Bandscheibe des betroffenen Nervs muss dabei ganz entfernt werden. Das Operationsmikroskop bietet eine starke Vergrösserung und sehr gute Lichtverhältnisse, was wiederum die Sicherheit und die Präzision stark erhöht.

 

Ist der Nerv befreit, muss die Bandscheibe entweder mit einer künstlichen Bandscheibe (Diskusprothese) ersetzt werden oder das Segment wird versteift mit einem Platzhalter mit Schrauben (ACIF).

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Röntgenbild einer künstlichen Bandscheibe welche sich bewegt

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Platzhalter                              verschraubtes Segment      postoperatives Röntgen

Nachbehandlung:

Nach der Operation werden Sie in der Regel auf der Intensivstation überwacht. Am nächsten Tag dürfen sie aufstehen und einen kleinen spaziergang unternehmen. die Armschmerzen sind in 70-90% unmittelbar nach der Operation weg oder zumindest deutlich besser. Der spitalaufenthalt beträgt 3-5 Tage. Zur relativen Ruhigstellung müssen sie eine weiche Halskrause für 4 Wochen nach einer Bandscheibenprothese und für 8 Wochen nach einer Versteifungsoperation tragen. In den ersten 4-8 Wochen sollten Sie sich mit Sport zurückhalten. Unternehmen Sie leichte Wanderungen, Nordic Walking oder gehen Sie einfach spazieren.

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Sportliche Aktivitäten oder intensive Physiotherapie dürfen sie erst nach 2 Monaten durchführen. Nach dieser Zeit können sie Radfahren und Schwimmen. Joggen ist grundsätzlich weniger gut für den Rücken. Skifahren, Tennis und Golf ist bei rekativer Beschwerdefreiheit nach 6 Monaten wiedr möglich. Eine Wiedraufnahme der Arbeit hängt stark von Ihrem Beruf ab. Bei einer leichten körperlichen Arbeit ist die Wiedereingliederung in das Arbeitsverhältnis schrittweise nach 6-8 Wochen möglich. Bei Patienten mit starker körperlicher Arbeit kann diese Zeit bis zu 4 Monaten dauern.

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Risiken

Komplikationen treten dank der Operationstechnik mit dem Mikroskop selten auf. Dennoch ist es keine harmlose Operation, weil man in der Nähe von lebenswichtigen Strukturen operiert wie Halsschlagader, Stimmnerv, Luft- und Speiseröhre und Rückenmark. Eine Verletzung einer dieser Strukturen hat sehr ernste Konsequenzen. Schluckstörungen und Heiserkeit sind nach Operationen an der Halswirbelsäule nicht selten, verschwinden aber in über 80% der Fälle innert 3 Monaten. Da bei dieser Operation in unmittelbarer Nähe eines Nervs operiert wird, kann dieser auch verletzt werden. In den meisten Fällen erholt sich der Nerv wieder. Sehr selten bleibt ein dauernder Schaden zurück.

 

Erfolgsaussichten

Bei strenger Indikationsstellung kann bei einer Diskushernienoperation an der Halswirbelsäule in 80% der Fälle ein gutes bis sehr gutes Resultat erreicht werden, d.h. die Schmerzverbesserung beträgt mehr als 75%. Die Armschmerzen sind in 70 – 90% unmittelbar nach der Operation weg oder zumindest deutlich besser. Die Gefühlsstörung und die motorische Schwäche können durchaus noch über mehrere Monate bleiben. Je nach Ausprägung vor der Operation erholen sich diese in 70 – 80% vollständig. Leichte Nackenschmerzen können zurückbleiben. In der Regel brauchen Sie keine Schmerzmedikamente mehr, sind wieder arbeitsfähig und nicht wesentlich in Ihrer Freizeitaktivität eingeschränkt.